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Spaziergang an der Mauer, Berlin, 19. November 1989: In die Mauer [1/6]

INFORMATIONEN ZUM OBJEKT

Details

19. November 1989
Berlin, Nähe Potsdamer Platz
Urheber: Thomas Jobst

Lizenztyp: Creative Commons License

Abgebildet

Berliner Mauer, Mauerdurchbruch, Mauergraffiti, Meißelspuren

Kontext

Begrüßungsgeld, Einkaufen, Feier, Freiheit, Grenzsoldat, Mauerdurchbruch, Mauerspecht (Person), Reise

Orte

Potsdamer Platz

Text im Bild

15.30 Uhr - zusätzl. Sa. + Sa. 11.00 Uhr / Hotel Kempinski

Alle Bilder des Albums

Erinnerung

"Der Zufall stand Pate, als meine Frau und ich rund eine Woche nach dem Mauerfall Geschichte 'live' in Berlin erleben durften. Wir flogen damals zur Beerdigung meiner Großmutter nach Ungarn und hatten den üblichen Weg gewählt: mit 'Interflug' [der staatlichen Fluggesellschaft der DDR] von Berlin-Schönefeld nach Budapest. Mitte Oktober waren die Flüge gebucht: Hinflug 16. November, Rückflug 18. November. Niemand konnte ahnen, was sich in der Zwischenzeit in Deutschland ereignen sollte...

Auf der Fahrt von Hamburg nach Berlin und zum Flughafen erlebten wir dann bereits erste auffällige Veränderungen: An den Grenzanlagen wurde uns mit Freundlichkeit begegnet und überall sahen wir Menschenansammlungen: vor der Sparkasse, um sich das Begrüßungsgeld abzuholen und beim Einkaufsbummel – alle genossen die neu erworbene Freiheit.

Nach der Rückkehr am 19. November 1989 unternahmen wir einen kleinen Spaziergang entlang der Mauer, vom Martin-Gropius-Bau bis zum westlichen Rand des Potsdamer Platzes. Es herrschte eine einmalige Stimmung an der Mauer, noch heute läuft es mir kalt den Rücken hinunter, wenn ich an den damaligen Spaziergang denke. Überall klopfte es, die vielen 'Mauerspechte' waren an der Arbeit. Einige saßen oben auf der runden Mauerkante, andere waren stolz auf Löcher und Spalte in der Mauer, man kam schon mit dem Arm durch auf die andere Seite. Am Potsdamer Platz war ein provisorischer Durchlass geschaffen worden, wo die Betonteile der Mauer bereits großflächig entfernt wurden. Autos fuhren von Ost nach West und umgekehrt, ein einsamer DDR-Grenzposten kam sich dort bestimmt überflüssig vor: Seine einstige Autorität war dahin, niemand hielt an, unmittelbar neben ihm feierten West- und Ostbürger mit Sekt und fröhlichem Gesang..."

Thomas Jobst (Hamburg)